Sonntag, 28. November 2010

Über das Leben hinaus - Sonderausstellung in Hannover



„Das Grab des Lederfabrikanten Söhlmann auf dem St. Nicolai-Kirchhof in Hannover“
von 1835. (auf Wikipedia: aus der Silke Gatenbröcker: Collection im Herzog Anton
Ulrich-Museum Braunschweig) Diese Bilddatei ist gemeinfrei und
United States public domain, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist.
Die schon angekündigte Sonderausstellung im Historischen Museum in Hannover wurde am 15. September 2010 eröffnet und läuft noch bis zum 9. Januar 2011. Sie zeichnet die Entwicklung der Friedhöfe der Stadt vom Mittelalter bis in die Gegenwart nach . "Gleichzeitig wird der Wandel der Grabstätten und der Erinnerung an die Toten thematisiert. Der Besucher der Ausstellung kann in einer Art Spaziergang durch die Zeit und über verschiedene Friedhöfe gehen. Dabei wird am Beispiel verschiedener Personen und Personengruppen die Frage gestellt, was über das Leben hinaus vom Menschen bleibt. Die Spur eines Lebens zeigt sich zunächst in den Grabmalen, deren Gestaltung von der jeweiligen Zeit ebenso abhängig ist wie von der sozialen Schicht, der der / die Tote angehörte. Darüber hinaus wird das Leben ausgewählter Personen anhand von Objekten veranschaulicht."


Neben dieser Ausstellung sind auch die schon oft gezeigten Bilder der Journalistin Beate Lakotta und des Fotografen Walter Schels unter dem Titel "Noch mal Leben vor dem Tod" im selben Museum zu sehen. Das Paar hatte von schwerkranken Menschen die Erlaubnis erhalten, sie zu interviewen sowie sie lebend und als Tote zu fotografieren. Zu diesen Bildern gibt es einem umfangreiches Begleitprogramm mit Vorträgen, Lesung und Konzert.


Das Zitat stammt von der Internetseite der Ausstellung. Einen anschaulicheren Bericht über die Ausstellung gibt es in der Hannoverschen Allgemeinen vom 13.9.2010. 

Friedhofsjubiläen

In der Zeitschrift Friedhof und Denkmal, die von der gleichnamigen Arbeitsgemeinschaft in Kassel herausgegeben wird, ist gerade ein Artikel von Prof. Dr. Sörries zum Jubiläum des Kölner Melatenfriedhofes erschienen.

Der Direktor des Sepulkralmuseums in Kassel erinnert daran, dass nicht nur der Kölner Friedhofs, sondern auch eine ganze Reihe anderer Friedhöfe ihren zweihundertsten "Geburtstag" feiern können. Denn spätestens ab 1810 war das von Napoleon erlassene "decret sur les sépultures", das für die Verlegung der Kölner Friedhöfe aus der Stadt sorgte, in weiten Teilen Deutschlands von Bedeutung.


So feierte 2010 auch der Friedhof in Overberge, einem Ortsteil von Bergkamen, sein 200jähriges Jubiläum und lieh sich dafür eine passende thematische Ausstellung vom Sepulkralmuseum in Kassel aus. Auch die "friedhofskulturellen Kleinode in Derne, Gemeinde Kamen, und der Buschey-Friedhof in Hagen" feierten aus demselben Anlass.

Prof. Sörries schreibt in seinem Artikel: "Wer heute weiß, wie sehr Friedhöfe mit Friedwald & Co. in Konkurrenz stehen, wird solche Anlässe zu nutzen wissen, um ihren Stellenwert als Kulturort im Gegensatz zum Wert der Natur zu betonen. Jubiläen bieten die große Chance zur Öffentlichkeits- und Pressearbeit."

Ich finde das ist eine sehr wichtige Idee. Allerdings habe ich beim Recherchieren im Internet auf den Seiten der Gemeinde Overberge rein gar nichts zu dem Friedhofsjubiläum gefunden. Offenbar ist der Förderverein in der Gemeinde selbst nicht so stark verankert, dass man es wichtig genug findet, über ihn und seine Aktivitäten auf der eigenen Internetseite zu berichten.


Dagegen kann man über das Jubiläum des Friedhofs in Derne an dieser Stelle etwas nachlesen und auch über den Buschey-Friedhof wurde ein Jubiläumsartikel im Internet veröffentlicht. (Hier ist auch die Adresse des Fördervereins zu finden, der leider keine eigene Internetseite unterhält, und hier findet man einen interesssanten Artikel zur Geschichte des Friedhofs mit Bildern, aus dem das nebenstehende Bild einer großen Familiengrabanlage entnommen ist.)

Daraufhin habe ich ein wenig im Netz gesurft, welche Friedhöfe denn noch ihr 200jähriges gefeiert haben.

Hier meine Ergebnisse:
Im bayrischen Rosenheim wurde das Jubiläum schon im letzten Jahr begangen. Führungen sowie eine Ausstellung im Laubengang des Alten Leichenhauses über die Bau- und Kulturgeschichte des Friedhofe, ein Chorkonzert und eine Matinee unter dem Titel: „Der Tod g’hört zum Leben“standen auf dem Programm.
Eine Vorstellung des neuen Bandes der Reihe „Beiträge zur Rosenheimer Stadtgeschichte“ fand am 17.September um 18 Uhr im Stadtarchiv statt. Außerdem stellten die beiden Autoren Karl Mair und Tobias Teyke ihr Buch „’Hinaus zu den stillen Gräbern’ - der Rosenheimer Friedhof 1809-2009“ vor, das im Stadtarchiv, dem Städtischen Museum oder in der Friedhofsverwaltung für 15 Euro erhältlich ist.

In Österreich wurde der größte Alpin-Friedhof im Gesäuse im Ort Johnsbach in diesem Jahr ebenso alt. Er ist deswegen interessant, weil auf ihm 83 beim Bergsteigen und -wandern Verunglückte ihre letzte Ruhestätte fanden. Dort wurde am 13. Juni der Verstorbenen gedacht und es erschien schon 2009 eine Broschüre "Der Bergsteigerfriedhof in Johnsbach" von Josef Hasitschka in zweiter Auflage. Die Informationen stammen von dieser Website.

Im Münsterland feierte der Alte Friedhof von Rhede sein Jubiläum mit einer Fledermausnacht, sowie
Ausstellungen und Führungen zu den Themen Grabsteinkunst, Pflanzenwelt, Geschichte und Friedhof der Zukunft und am 30.10. mit einer Lichterführung und Lesung des Literaturkreises der Stadt.

Anscheinend wurde auch der Alte Friedhof in Titisee-Neustadt 1810 gegründet, doch weiß ich das nur aus Wikipedia. Weitere Informationen habe ich nicht gefunden, bin aber natürlich interessiert daran, wenn jemand noch weitere Jubiläen weiß.

Freitag, 19. November 2010

Europäische Friedhofsroute

Es es zwar schon etwas spät, um darauf hinzuweisen, aber sicher nicht zu spät: Im Mai dieses Jahres wurde die "Europäische Friedhofsroute" vom "Europäischen Institut für Kulturrouten" , das 1997 vom Europarat gegründet wurde, anerkannt. Diese Europäischen Kulturrouten folgen immer einem bestimmten Thema. Auf ihnen sollen Touristen Europa neu entdecken, zugleich soll damit Natur und Kultur geschützt und Einblicke in fremde Welten geboten werden.

Die "Association of significant cemeteries in Europe (ASCE)" hatte sich seit einiger Zeit um die Anerkennung dieser Friedhofsroute bemüht und sie damit begründet, das Friedhöfe es als sozusagen heilige Orte ermöglichen, die Fundamente des allgemeinen Europäischen Erbes zu verstehen.

Allerdings gibt es einen echten Wehrmutstropfen bei dieser Nachricht. Es ist nicht möglich mehr über diese Friedhofsroute zu erfahren. Die Website der ASCE hüllt sich, bis auf einen spanischen Zeitungsartikel zum Thema, in Schweigen und auf die Seite des Europäischen Instituts für Kulturrouten, muss man sich erst einloggen (30,-Euro für ein Jahr), um an die Dokumente zu kommen, die dort hinterlegt sind. Was das Ganze also bringen soll, ist mir zur Zeit ein Rätsel.

Achtung: Zu diesem Eintrag gibt es neue Informationen unter dem 16.12.2010

Donnerstag, 11. November 2010

"Un deit d'r Herrjot mich ens rofe"

Bei diesem Buch war es unumgänglich mit der Vorstellung auf ein bestimmtes Datum zu warten: Passend zum Jubiläumsjahr des Friedhofs Melaten in Köln hat der Marzellen Verlag nämlich einen sehr speziellen Friedhofsführer ganz neu bearbeitet und ergänzt in vierter Auflage wieder herausgebracht. 
Titelseite des Buches (Foto Leisner, mit
fr. Genehmigung des Marzellen Verlag Köln)
Der karnevalsbegeisterte Autor Wolfgan Oelsner, der sich für den Friedhof und den Erhalt von Grabstätten sehr engagiert einsetzt, hat darin seine kenntnisreichen Friedhofsführungen zu seinem Thema, dem Kölner Karneval, zusammengefasst. Der Verlag unterstreicht die merkwürdige Ernsthaftigkeit, die der Tod dem heiteren Thema der "verkehrten Welt" und des "carne vale" - Fleisch ade! - der Tage vor dem Aschermittwoch, an dem bekanntlich "alles vorbei ist", unter dem eigentlichen Buchtitel mit den Worten "pietätvoll, lehrreich und unterhaltsam", so als ob er sich nicht ganz sicher ist, ob man Tod und weltliche Lustbarkeit miteinander in Verbindung bringen darf.

Der Verfasser hat damit zu Recht keine Probleme. Er erinnert an den Grabstätten der unterschiedlichsten Vertreter des Kölner Karnevals an die spezielle Geschichte dieses ortgebundenen Brauchtums, das nach der Franzosenzeit am Anfang des 19. Jahrhunderts vom Bürgertum neu belebt wurde. In zahlreichen Einschüben erklärt er dazu einzelne Besonderheiten, wie zum Beispiel das "Lappenkostüm", das sich alle diejenigen aus Flicken zusammennähten, die zwar gern verkleidet sein wollten, aber dafür kein Geld ausgeben konnten. Mit einer roten Pappnase wurden sie zu "Lappenclowns", wie die nebenstehende kleine Grabfigur zeigt..

Dazu verweist er in vielen Details auf die Herkunft von Liedern und Evergreens, die teilweise weit über Köln hinaus ausgestrahlt haben, wie der schon fast klassische - oben zitierte - Liedtext von "Am Aschermittwoch ist alles vorbei", der von dem Kölner Heimatschriftsteller Hans Jonen stammt, zu dem der Führer natürlich noch viel mehr zu erzählen weiß.

Als "karnevalsabstinente" Norddeutsche habe ich in diesem vergnüglichen und interessanten Führer viel über den Karneval in Köln am Rhein, über seine einzelnen Protagonisten und auch über seine Organisation gelernt. Schön wäre es gewesen, wenn die Einleitung noch etwas tiefer in die Geschichte und die Frühzeit des bürgerlichen Karnevals geführt hätte, denn einer Nicht-Kölnerin  wie mir fehlt das Wissen um die innere Organisation, die historischen Wurzeln und die Entwicklung dieses Festes. Die einzelnen Stationen des Rundgang sind sowohl mit historischem Material wie mit Fotos der aktuellen Grabstätten reich bebildert, so dass man eine gute Vorstellung von der Vielfalt der "Karnevalserinnerung" auf Melaten erhält.

Verständlich ist, dass der Autor am Schluss ein Erinnerungsmal besonders hervorhebt. Er hat schließlich mit seinen Führungen und dem hier vorgestellten Buch die nötigen finanziellen Mittel für die Anfertigung und Aufstellung mitgesammelt: Johann Christoph Winters (1772-1862), dem Begründer des Kölner Hänneschen-Theaters, einer Puppenspielbühne mit feststehenden "köllschen" Typen, wie dem "Hänneschen" - auf Hochdeutsch dem "kleinen Hans" - war einst im Armengrab in einer Ecke des Melatenfriedhofs beigesetzt worden. Seine Grabstätte war lang vergessen. Nun wurde dem Puppenspieler eine eigene Plastik gewidmet, die seine Büste zusammen mit seinen typischen Stabpuppen zeigt.

Wolfgang Oelsner, "Un deit d'r Herrjot mich ens rofe". Eine Führung durch den Kölner Karneval auf dem Friedhof Melaten. Marzellen Verlag Köln, 2010, 144 S. zahlr. farb. Abb. und eine Karte, 12,90 (ISBN 798-3-937795-16-4). Hingewiesen sei an dieser Stelle auch auf ein weiterer Kölner Friedhofsbuch aus demselben Verlag: Günter Schwanenberg, "Em Himmel es d'r Düvel loss". Musikalisch-literarische Streifzüge über den Südfriedhof.