Samstag, 29. Dezember 2012

Barbara Happe "Der Tod gehört mir" - Buchbesprechung

Buchcover
(Foto Leisner, veröffentlicht
mit der freundlichen Erlaubnis
des Reimer Verlages)
Barbara Happe hat als Kulturwissenschaftlerin ihren Forschungsschwerpunkt schon seit ihrer Doktorarbeit über die "Entwicklung der deutschen Friedhöfe von der Refomation bis 1870" auf die Geschichte und Gegenwart der Sepulkralkultur gelegt. Nun hat sie ein neues Buch veröffentlicht, bei dem der Titel "Der Tod gehört mir" auf Anhieb zum Nachdenken anregt. Wer behauptet da, dass ihm oder ihr der Tod gehören könnte? Die Autorin oder die Leser oder jemand ganz anderer? Und wem könnte der Tod überhaupt gehören, gehört er nicht nur sich selbst bzw. überhaupt niemandem. Und wer ist der Tod? Der bekannte Knochenmann mit Sense oder vielleicht ein schöner Jüngling mit gesenkter Fackel?

Inhaltsverzeichnis 
Nun, um die Personifikation des Todes geht es in diesem Buch nicht vorrangig. Der leicht zu übersehende Untertitel "Die Vielfalt der heutigen Bestattungskultur und ihre Ursprünge" führt vielmehr zu dem eigentlichen Anliegen der Autorin, die mit diesem Buch einen sehr gut lesbaren Abriss der Geschichte der Friedhofskultur und der zugehörigen Entwicklung der Bestattung vorlegt. Dabei zieht sie immer wieder die Linie von der historischen Entwicklung zur Gegenwart.

Das nebenan abgebildete Inhaltsverzeichnis macht deutlich, dass ihr Hauptinteresse der Autorin auf der Entwicklung seit der Reformation liegt. Auch durch den Text zieht sich immer wieder die auch für die heutige Zeit noch grundlegende Überzeugung der Protestanten, dass es ungehörig sei "zu glauben, das Begräbnis (angeweihter Stätte) trage etwas zum Heile bei. Denn ist ganz einerlei, ob jemand auf freiem Feld oder auf einem Kirchhof beerdigt wird". Mit diesem grundlegenden Zitat (Happe S. 34) gibt die Autorin den Text einer Homberger Synode von 1526 wieder, wobei sie vorher aus der Schrift Luthers "Ob man vor dem Sterben fliehen möge" dessenn Ausspruch wiedergibt, dass es "ihm angesichts der ungepflegten Zustände auf dem Wittenberger Kirchhof, einerlei sei, 'ob er ynn der Elbe odder ymm walde liege' ".

Später im Text kommt Happe mit den Kapiteln "Grab im Wald" und "Grablose Bestattung" immer einmal wieder auf diese protestantische Auffasung vom Begräbnis und ihre Bedeutung für die Gegenwart zu sprechen. Doch dazwischen liegen Kapitel, in denen die Einführung des Grabes für Jedermann eine ebenso große Rolle spielen, wie die Bedeutung des Grabmals. Viel Raum nimmt auch die Einführung der Feuerbestattung und die Haltung der Kirchen zu dieser in ihrer Zeit "revolutionären" Bestattungsform ein. Daneben werden die ganz unterschiedlichen Möglichkeiten einer zeichenlosen Bestattung dargestellt. Gerade dort kommt einer der Schwerpunkt der Forschungsarbeit der Autorin zum Tragen, die sich intensiv dem Thema "Anonyme Bestattung" gewidmet hat. Interessant ist, dass die Autorin stets auch das Kultische und das Verhältnis der Religionen zu den jeweiligen Bestattungs- und Friedhofsformen im Blick hat und diskutiert. So widmet sie der Rückkehr der Toten in den Kutlraum mit Beispielen von neu eingerichteten Urnenkirchen ein eigenes Kapitel. Nur zum Ende hin scheint sich eine leichte Ermüdung eingestellt zu haben, denn ganz zum Schluß werden meiner Ansicht nach die historischen Bezugslinien, soweit sie gezogen werden, nicht mehr ganz so stringend und ausführlich dargelegt, wie in den vorhergehnden Kapiteln.

Insgesamt aber bietet dieses Buch einen ausgezeichneten Überblick über die gegenwärtigen Veränderungen der Bestattungskultur und verbindet diese mit vielen interessanten Paralellen aus der Vergangenheit.

Zum Lesevergnügen kommt eine sehr großzügige Ausstattung des Buches hinzu. Das opulente Lay-out setzt mit künstlerischen Mitteln Akzente und führt Gelesenes auch bildlich vor Augen.

So möchte ich zum Schluss meiner geschätzten Kollegin Barbara Happe zu diesem wunderschönen Buch herzlich
gratulieren.

Happe, Barbara: Der Tod gehört mir. Die Vielfalt der heutigen Bestattungskultur und ihre Ursprünge. Dietrich Reimer Verlag, 176 S., mit 72 Farb- und 14 s/w-Abbildungen 29,95 Eur ISBN 978-3-496-02856-7


Samstag, 15. Dezember 2012

Ein Friedhofsgedicht

Mausoleum auf dem Friedhof in Barmstedt, 2012 (Foto Leisner)

  Das unten stehende Gedicht habe ich von meinem Leser Raymond Walden zugesandt bekommen.

  Ich finde es passt gut in die vorweihnachtliche Zeit, in der alle Welt den Weihnachtsgeschenken hinterherläuft.

  Manchmal wird man eben auch ganz unerwartet beschenkt!






Nordfriedhof Düsseldorf


Auf dem Friedhof gehe ich sinnend hin,
wie lebendig oder doch schon tot ich bin.
Ich sehe die Gräber in endloser Zahl,
so verschieden jedes – es war einmal ....

Die alten Bäume, die freien Felder, Glocken von ferne,
Flieger starten, drehen ab in Schleifen.
Flöge ich wirklich gerne
irgendwohin, mich wiederzufinden, zu begreifen?

Wo blieben meine Unbekümmertheit, meine Leidenschaft, mein Lachen?
Die Sonne nimmt mich in den Arm,
es gleicht einem Traum vorm Erwachen:
Flieg nur, erhebe dich und lebe,
dein Herz ist warm,
freu’ dich der Tage, die ich dir gebe!

Die vielen Schneisen kreuzen sich,
man verläuft sich auf irdischen Wegen.
Dieser Park trifft mich,
geht auf mich ein, kann mich zutiefst bewegen.

So gehe ich vom Friedhof, berührt und beschenkt,
hab’ meine Schwermut – ganz leise versenkt. 

Sonntag, 9. Dezember 2012

Transmortale IV findet am 23. und 24.2.2013 in Kassel statt

Die wissenschaftliche Tagung der Universität Hamburg (Institut für Volkskunde/Kulturanthropologie
und Historisches Seminar) und des Museums/Institutes für Sepulkralkultur "Transmortale" soll am 23.2.2013 zum vierten Mal stattfinden.

Eingeladen sind junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Nachwuchsforschung, wie z.B. Studierende in der Abschlussphase oder Doktoranden, aber auch für Postdocs und interessierte Forschende, die in ihrem Fach oder Forschungsfelder mit Tod, Abschied und/oder Endlichkeit und allem, was damit zusammenhängt, befassen. Nicht nur Disziplinen wie Archäologie, Ethnologie, Volkskunde/Kulturanthropologie oder Kunstgeschichte beschäftigen sich ja inzwischen mit Gräbern und Begräbnisplätzen, auch andere ganz unterschiedliche Disziplinen spielt inzwischen der Wandel der Trauer- und Bestattungskultur eine wichtige Rolle, genannt seien z.B. die Soziologie, Psychologie, aber auch Geschichte, Geschlechterforschung und Medienwissenschaften.

Ziel des Workshops ist, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit zu bieten, neue Forschungsperspektiven in Kurzreferaten vorzustellen und diese in einer größeren Runde zu diskutieren – auf diese Weise können aktuelle Fragen und Ergebnisse interdisziplinär beleuchtet und inhaltliche Gemeinsamkeiten transdisziplinär zusammengeführt werden. Über das jährliche Treffen hinaus bietet die Transmortale eine Plattform für das Forschungsfeld Sterben, Tod und Trauer.

Veranstaltungsort ist das Museum für Sepulkralkultur in Kassel.
Am 24. Februar 2013 wird sich außerdem noch ein Workshop des Organisationskomitees und der Vortragenden an die Tagung anschließen.

Tagungsgebühr: 40,- Euro, 15,- Euro ermäßigt (für Studenten)

Anmeldungen über die Homepage des Sepulkralmuseums, per e-Mail an sekretariat@sepulkralmuseum.
de oder telefonisch unter 0561 91893-24 oder 0561 91893-40.

Dienstag, 4. Dezember 2012

Der Tod und das Meer - eine Ausstellung im Flensburger Schifffahrtsmuseum

Im Flensburger Schifffahrtsmuseum wurde am 25. November die Ausstellung "Der Tod und das Meer" eröffnet, die noch bis zum 17. Januar 2013 zu sehen sein wird. Sie arbeitet zum ersten Mal die tödlichen Gefahren des Meeres aus historischer, kulturhistorischer und künstlerischer Sicht auf. Seenot und Schiffbruch, die ständige Erfahrung der Bedrohung auf See und die gefährliche Naturgewalt des Meeres, die auch die Küstenbewohner nicht verschont, setzen in dieser Ausstellung die Themen ebenso, wie Eis, Feuer und Kollisionen, schroffe Küsten, Untiefen, Strömungen und Sturmfluten, Mangelernährung und Krankheit, Meuterei und Piraterie. Und wie die Piraterie vor der Küste Somalias zeigt, gehören diese Gefahren noch lange nicht der Vergangenheit an.

Friedhof der Namenlosen, Helgoland.
 (Foto: Norbert Fischer)
Gezeigt werden Graphiken, Gemälde, Foto- und Videoarbeiten aus sechs Jahrhunderten, in denen sich zum Beispiel die Gewalt des Meeres wiederspiegelt oder die Idee der Seefahrt als Lebensreise; Bildnisse, Fotografien und Dokumente berichten davon, wie die Menschen an Land gewartet und gehofft, getrauert und ihre Toten erinnert haben, oder erzählen von dem gefährlichen Handwerk der Seenotrettung und vom Schiffbruch, um nur einige Themen zu nennen. Neben bedeutenden Werken der Kunst- und Kulturgeschichte hat sich auch eine deutsch-dänische Künstlergruppe in einer multimedialen Installation mit dem Untergang der "Titanic" und mit ihrem medial verklärten Mythos beschäftigt.

Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt des Flensburger Schifffahrtsmuseums und der Graphiksammlung „Mensch und Tod“ am Institut für Geschichte der Medizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, die von Dr. Stefanie Knöll betreut wird, sowie dem Hamburger Historiker und Volkskundler Prof. Dr. Norbert Fischer, der in seiner langjährigen Forschungsarbeit die Formen des Totengedenkens entlang der deutschen Nord- und Ostseeküste erforscht und auf Basis einer umfangreichen Dokumentation zu einer Theorie der maritimen Gedächtnislandschaft verdichtet hat. Außer den Exponaten aus der Düsseldorfer Graphiksammlung sind Ausstellungsstücke aus der eigenen Sammlung des Flensburger Schifffahrtsmuseums zu sehen. Außerdem haben der Museumsberg Flenburg, das Altonaer Museums für Kunst- und Kulturgeschichte in Hamburg, das Museums Windstärke 10 in Cuxhaven, die Poppe-Folkerts-Stiftung Norderney, das Museums Sønderjylland - Kulturhistorie Aabenraa, des Sønderborger Schlosses sowie verschiedene Künstler und Privatpersonen Gemälde, Objekte und Dokumente für die Ausstellung ausgeliehen.

Als Wanderausstellung wird die Schau nach ihrem Ende in Flensburg am 27.1.2013 im Altonaer Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Hamburg, sowie bei den übrigen beteiligten Leihgebern und  im Schifffahrts- und Schiffbaumuseum Rostock (2016) zu sehen sein.

Zur Ausstellung ist ein Begleitband mit demselben Titel erschienen, der z.Zt. im Flensburger Schifffahrtsmuseum erworben werden kann und in diesem Blog an späterer Stelle noch besprochen werden soll.
Ort: Flensburger Schifffahrtsmuseum,
Schiffbrücke 39, 24939 Flensburg
25. November 2012 bis 27. Januar 2013,
Di–So 10–17 Uhr

www.schifffahrtsmuseum.flensburg.de

Sonntag, 2. Dezember 2012

Tod: Ein Selbstporträt - eine Ausstellung in der Wellcome Collection in London

Die Hauptausstellung dieses Winters in der Wellcome Collection in London zeigt rund 300 Werke aus der einzigartigen Sammlung von Richard Harris, einem ehemaligen Händler, der in Chicago antike Drucke vertrieb. Seine Sammelleidenschaft begann mit dem Interesse für Drucke aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die sich mit der menschlichen Anatomie beschäftigen. Über die Anatomie ist es ein kurzer Weg zum menschlichen Skelett und zur Darstellung des Todes. So kamen bald weitere Kunstwerke, historische Artefakte, wissenschaftliche Proben und auch Kurzlebiges zum Thema Tod zu seiner Sammlung hinzu. Die Wellcome Collection selbst beschreibt sich übrigens als freies Besucherzentrum für unheilbar Neugierige, das die Beziehungen zwischen Medizin, Leben und Kunst in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erforscht.

Der Untertitel der Ausstellung lautet: "Eine freundliche Einladung die eigene Sterblichkeit in diesem Winter zu erforschen" und so widmen sich die Exponate der Ikonographie des Todes und unserer komplexen und widersprüchlichen Einstellungen dazu. Gezeigt werden 300 Gegenstände aus der ganzen Welt. Damit wird allerdings nur ein kleiner Teil der fast 2.000 auf den Tod bezogenen Objekte gezeigt, die Harris in den letzten zwei Jahrzehnten angehäuft hat.

Die Exponate sind in eine Reihe von Themenbereichen untergliedert, darunter "Betrachtung des Todes" mit Vanitas-Stilleben, Schädel-Bildern und Kunstwerken aus dem Bereich des "Memento mori".; "Tödliche Warnungen" mit dem Tod als Knochenmann, der den Menschen erscheint; "Gewaltsamer Tod" mit einem besonderen Schwerpunkt auf den Graphiken Goyas; "Der sanfte Tod" mit Fotografien aus der Anatomie des 19. Jahrhunderts, aber auch dem Bild "Der Tod und das Mädchen" oder auch "Der Tod als Freund" mit geradezu heiteren Bildern des Todes als Clown mit roter Nase. Natürlich fehlt auch das Thema "Totentanz" nicht in diesem Reigen von Bildern und Objekten.

Die Ausstellung wird begleitet von einem gleichnahmigen, reichbebilderten Katalogbuch, das in fünf Sektionen untergliedert ist (Betrachtung des Todes, Totentanz, Gewaltsamer Tod, Liebe und Tod, Erinnerung)