Mittwoch, 4. November 2015

Friedhofskultur soll Weltkulturerbe werden!

Interview mit Barbara Leisner zum Wandel der Trauerkultur
(Seniorenratgeber Ausgabe November 2015, S. 76)
Zur Zeit sind Friedhöfe in den Medien und besonders im Fernsehen wieder einmal - wie jedes Jahr - Thema. Ich selbst durfte dazu dem Senioren-Ratgeber ein Interview geben, das sich auf den Wandel der Trauerkultur bezog. Das ist auch genau der Ausgangspunkt einer Initiative, die von einer ganzen Reihe von Institutionen getragen wird, die mit Friedhof und Bestattung zu tun haben.

Die Initiative Kulturerbe Friedhof  hat sich zum Ziel gesetzt, die Deutschte Friedhofskultur in die Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit eintragen zu lassen. Am 29. Oktober wurde diese Initiative im Bestattungsforum des Ohlsdorfer Friedhofes der Öffentlichketi vorgestellt und natürlich gehört auch der Förderverein Ohlsdorfer Friedhof e.V. den Unterstützern dieses Ziels.

Ich persönlich hoffe, dass sich auch alle übrigen Vereine zur Erhaltung historischer Friedhöfe anschließen werden! (Das kann man hier tun!)

Der vollständige Text des Antrags bei der Unesco ist inzwischen veröffentlich worden. Darin wird die Friedhofskultur beschrieben, die vielfältige kulturelle Ausdrucksformen umfasst. Sie beziehen sich - wie der Antrag formuliert - "vor allem auf die gesamtgesellschaftliche Bedeutung zusammen mit der gestalterischen, künstlerischen und handwerklichen Dimension des Kulturraums Friedhof sowie auf individuelle Trauerverarbeitung und persönliches Gedenken."

Friedhöfe werden als Ausdruck der deutschen Erinnerungskultur verstanden und damit sozusagen als ortsgebundene Geschichtsbücher. Es wird auf den Wandel der "Rituale und Gestaltungskonzepte der Friedhöfe mit den zeitgeistlichen Strömungen" verwiesen. Und es heißt weiter: "Der Kulturraum Friedhof lässt sich nicht nur in Bezug auf Sitten und Gebräuche als gesamtgesellschaftlicher, integrativer Pfeiler unseres Landes verorten, sondern auch in gestalterischer Hinsicht. Unsere Friedhöfe sind als Gärten der Erinnerung einzigartig in Europa und zugleich Grün- und Kulturflächen mit hoher landschaftsarchitektonischer und städtebaulicher Bedeutung. Die individuell angelegten und geschmückten Gräber fügen sich zu einem facettenreichen Gesamtbild, das seit Jahrhunderten Zeitgeist und Geschmack unseres Landes widerspiegelt." Damit präsentiert sich die Friedhofskultur nach Meinung der Antragstellter "als äußerst lebendiges Kulturgut", das seine identitätsstiftende Kraft "nicht primär aus der materiellen Präsenz der Friedhöfe, sondern aus der hier erlebbaren, sich fortschreibenden Erinnerungskultur, die Menschen nach innen bewegt und Gesellschaft nach außen prägt" bezieht.

Es bleibt abzuwarten, ob die Unesco dem Antrag zustimmt. Auf jeden Fall aber ist die Initiative schon öffentlichkeitswirksam geworden und hat es sogar in die Nachrichtensendung des ZDF geschafft (Abendnachrichten vom 2.11.2015).