Mittwoch, 27. Januar 2016

Jubiläumsjahr für den Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin

Logo des Förderverein EFEU e.V.
Der Förderverein EFEUe.V. feiert in diesem Jahr das 160 jährige Bestehen des Alten St.-Matthäus-Kirchhofes, wo am 25. März 1856 die erste Beisetzung stattfand, mit einer Andacht am Ostermontag, 28.3., um 14 Uhr, in der Kapelle. 

Aber er feiert nicht nur dieses Jubiläum, auch der Verein selbst darf sich feiern, denn er wird zehn Jahre alt und zusammen mit ihm auch das Café finovo! Man feiert zu Recht, denn der Verein hat sich erfolgreich um Restaurierungsprojekte gekümmert und den Wandel von Trauer- und Erinnerungskultur hin zu einer Integration ins tägliche Leben gefördert und begleitet, wie er selbst auf seiner Internetseite schreibt. 

Ein Thema in dem Jubiläumsjahr wird sein: „Frauen auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof“. Es soll dabei ein Grabstein für Frl. Auguste Grimm gesetzt und einzelne Gedenkveranstaltungen für Hedwig Dohm, Minna Cauer, Frieda von Lipperheide, May Ayim und Kitty Kuse organisiert werden. 

Weitere Projekte in Planung sind: eine Grabinschrift für Architekt Ernst Spindler zum 100. Todestag, ein Konzert zum 20. Todestag von Rio Reiser, Veranstaltungen am Garten der Sternenkinder.


Donnerstag, 21. Januar 2016

Vorankündigung: Tagung zum Thema "Thana-Tourismus"

Grabanlage für die niederländigschen Zwangsarbeiter, die
in Hamburg Opfer des Nationalsozialismus wurden, auf dem
Ohlsdorfer Friedhof  (Foto Leisner 2015)
Die Schwabenakademie Irsee veranstaltet jedes Jahr eine Tagung, die in irgendeiner Weise das Thema Tod und Sterben in den Mittelpunkt stellt.

Dieses Jahr wird die Tagung vom 3. bis 5. Juni 2016 stattfinden und dem Thema "Thana-Tourismus – Reisen zu den Toten" gewidmet sein.

Im Augenblick ist das Tagungsprogramm noch nicht veröffentlicht. Aber die Ankündigung verspricht eine interessante Veranstaltung, auf der das weite Feld des "Thana-Tourismus vermessen und analysiert werden" soll. Dabei tut sich von den Wallfahrten zu Gräbern von Heiligen über den Besuch von Schlachtfeldern und Grabstätten von Soldaten und Kriegsopfern bis zu Tourismus zu Grabstätten berühmter Persönlichkeiten ein weites Feld auf.

"Neues" altes Denkmal im Lindenpark in Rostock

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Soldatenfriedhof 1870/71 in Rostock, Figur
von Bildhauer Ludwig Brunow,
Denkmal 1978 zerstört (Quelle
Der Alte Friedhof in Rostock wurde schon im Jahr 1980 zum "Lindenpark". Doch offenbar wollen die Rostocker nicht vergessen, dass 1831 an dieser Stelle der erste städtische Friedhof außerhalb der Stadtmauern angelegt worden war. Noch immer ist die Fläche unter dem Namen Alter Friedhof bekannt.

Dort war noch bis ins Jahr 1959 beerdigt worden. Erst danach verlor der Friedhof immer mehr an Bedeutung und Substanz. Mit der Zeit verfielen nicht nur die Kapellenbauten bekannter Rostocker Familien. Ab 1978/79 räumte man auf und riß dabei auch diese Kapellen ab. Der Friedhof sollte zu einem Wohngebietspark umgestaltet werden. Allerdings wurde die Planung nur teilweise umgesetzt. 1984 wurde dann die Fläche „einschließlich verbliebener Objekte des früheren Friedhofes“ unter Denkmalschutz gestellt. Der benachbarte ehemalige Jüdische Friedhof war sogar schon 1978 in seiner gesamten Anlage "mit Mahnmal mit allen Grabsteinen“ zum Denkmal erklärt worden und besteht noch heute in seiner geschlossenen Form. Doch auch nach der Wende setzte sich die Vernachlässigung fort. Vandalismus herrschte und Bäume und Büsche waren dem Wildwuchs überlassen.

Im Jahr 2010 wurde dann für den Lindenpark eine denkmalpflegerische Zielstellung entwickelt, die auf historischer Recherche und einer Bestandsanalyse basierte. Konsequent wird dort u.a. festgelegt, dass alle gepflanzten und gebauten Zeugnisse der Friedhofsgeschichte, also Alleen, Wegenetz, Grabkapelle, Grabsteine u.a. zu erhalten sind und Eingriffe in vorhandene Strukturen der Friedhofsanlage, einschließlich der Grabanlagen oder ihrer Überreste, nicht erlaubt sind. Grabsteine und Grabzubehör, das sich nicht mehr am Originalstandort befindet, sollten Aufbewahrungs- und Präsentationsmöglichkeiten geschaffen werden. Alle noch vorhandenen Alleen sollten im Bestand erhalten und gepflegt werden. Außerdem sollte die Geschichte der Anlage durch geeignete Informationsmöglichkeiten kenntlich gemacht und der Lindenpark als Gartendenkmal herausgestellt werden. Tatsächlich sind es besonders die stattlichen Lindenalleen mit bis ihren zu 170 Jahre alten Bäumen, die den botanischen Reiz der Anlage ausmachen.

Ein Jahr zuvor hatte sich der Verschönerungs-Verein zu Rostock e.V. gegründet. Er wird seit seiner Gründung von dem Garten- und Landschaftsarchitekten Hannes Rother geleitet, der auch die denkmalpflegerische Zielstellung entwickelt hat. Inzwischen hat sich in Rostock ein gewisses Bewusstsein dafür entwickelt, dass man mit dem Lindenpark ein botanisches und kulturhistorisches Juwel besitzt. 

Der Verschönerungs-Verein selbst lädt alljährlich zum Arbeitseinsatz ein um den Friedhofspark in Ordnung zu halten. Daran nehmen immer mehr Bürger aus der näheren Umgebung aber auch von weiter weg teil. Auch im letzten Oktober waren pakcten sie wieder packten fleißig mit an. Nach getaner Arbeit warteten übrigens auf dem Bauhof des Grünamtes im hinteren Teil des Parks schon traditionell Bratwurst, Salat und Bier auf sie! 

Der Verein erforscht außerdem die Geschichte einzelner Grabstellen. pflegt die Grabsteine bedeutender Rostocker Familien, bietet Führungen durch den Park an und kümmert sich um die Erhaltung von Grabmalen und Grabstätten. Ihm ist es auch zu verdanken, dass die beiden fast vergessene Kriegsgräberstätten für im Lazarett verstorbene Soldaten des deutsch-französische Krieges von 1870/1871 nicht verloren gegangen sind.
Einweihungszeremonie für die beiden Denkmäler an den Krieg 1870/71 (Foto Hannes Rother)

Sie bestanden einst aus zwei Bereichen, der eine mit einen großen Denkmal für die deutschen Gefallenen mit einem Trauerengel und der andere mit einer Stele mit Namenstafel für die Franzosen. Der Engel verschwand zu DDR-Zeiten, die Stele blieb - allerdings ohne ihre die Namen - erhalten. Der Verschönerungs-Verein 2013 den Anstoß gab eine neue Gedenkstätte einzurichten, konnte er die Jahresköste der Rostocker Kaufmannschaft gewinnen, das Projekt mit dreißigtausend Euro zu unterstützen. Im November 2014 begann das Grünamt der Hansestadt mit der Rekonstruktion und am 9. Oktober 2015 fand die offizielle Einweihung statt, an der auch der Militärattachés der Botschaft der Republik Frankreich teilnahm. Zwei Stelen, eine aus Granit, eine aus Stahl, deuten heute den ehemaligen Eingang zum alten Friedhof an. An einer der beiden Stelen sind die Namen der 12 französischen und 26 deutschen Soldaten zu lesen, in alphabethischer Reihefolge. Wenigsten an dieser Stelle macht es keinen Unterschied mehr, welcher Nation die Toten einstmals angehörten. Ein Mahnmal dafür, das Krieg immer sinnlos ist, wie der Oberbürgermeister Rostocks in seiner Rede bestonte.

(Vgl. dazu auch das Interview mit Hannes Rother vom 13.10.2015 auf "Das war Rostock"

Mittwoch, 6. Januar 2016

Transmortale VII – Neue Forschungen zum Thema Tod

Die "transmortale VII – Neue Forschungen zum Thema Tod" findet am Sonnabend, 27. Februar 2016, wieder im Museum/Zentralinstitut für Sepulkralkultur in Kassel statt. Wie bereits bei den Veranstaltungen dieser Reihe in den vergangenen Jahren wird Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ein Podium geboten, um ihre Forschungen zum Themenkomplex „Sterben, Tod und Trauer“ einem größeren Publikum vorzustellen und zu diskutieren. Ziel ist es vor allem, den interdisziplinären Austausch zu fördern. 

Programm

10-12.15 Uhr Block I
Begrüßung und Einführung

Benjamin van der Linde (Innsbruck), Die Inszenierung des Leichnams. Kulturelle Konstruktionen von toten Körpern in der frühen Neuzeit im deutsch-niederländischen Vergleich (ca. 1600 – 1800)

Kaffeepause

Wiebke Neuser (Paderborn): Die Einführung der Feuerbestattung in Preußen und der Hagener Krematoriumsbau von Peter Behrens von 1907

Grete Schönebeck (Frank
Chinesisches Grabfeld auf dem Ohlsdorfer Friedhof in
Hamburg (Foto Leisner 2015)
furt): Wie soll man sie begraben? Elemente der Bestattungskultur in China im Wandel

12.15 - 13.30 Uhr: Mittagspause 

13.30 – 15.00 Block II
Eva Marie Lehner (Essen): Den Tod verzeichnen: Trauer und Hoffnung in frühneuzeitlichen Kirchenbüchern

Anastasiia Afanaseva (Moskau/Freiburg): Erzähl- und Zeitstrukturen in den französischen und deutschen literarischen Trauernarrativen der 2010er Jahre

Ekkehard Knopke (Weimar): „Trauerfeier ist gleich Atmosphäre; ohne das geht es nicht“. Ästhetische Praktiken und die professionelle Herstellung eines Ambientes auf Trauerfeiern

15.00 – 15.30 Uhr Kaffeepause

15.30 – 17.30 Block III
Sandra Braun (Lübeck): Trauer und Trauma der Weltkriegssoldaten: Regiments- und Soldatendenkmäler als mediale (Fremd-)Betrachtungen historischer Krisensituationen

Miriam Sitter (Hildesheim): Zum Wunsch des „Normalseins“ von trauernden Kindern

Susanne Loke (Bochum): Unentdeckte Tode – Forschungsstand und -perspektiven

Abschlussdiskussion

Konzeption und Organisation: Dr. Moritz Buchner MA (Berlin), Prof. Dr. Norbert Fischer (Hamburg), Dr. Anna-Maria Götz (Bonn), Stephan Hadraschek MA (Berlin), Jan S. Möllers MA (Berlin), PD Dr. Werner Tschacher (Kassel), Prof. Dr. Reiner Sörries (Kassel). Dipl.-Ing. Dagmar Kuhle (Kassel)

Gäste sind herzlich willkommen. Der Teilnahmebeitrag inkl. Mittagsimbiss beträgt 45,- Euro (ermäßigt 20,- € für Studierende). Um verbindliche Anmeldung bis zum 20. Februar 2016 per Email wird gebeten unter der Emailadresse niedermeyer@sepulkralmuseum.de, oder telefonisch unter 0561 9189340 oder über die Homepage des Museums.


Samstag, 2. Januar 2016

Ruhe bewahren - Ein Exkurs über die Qualiätten von Begräbnisstätten anhand des Ohlsdorfer Friedhof

Bachelorarbeit Nina Borowska 2015
Nina Borkoska hat 2015 eine Bachelorarbeit/ Masterthesis im Rahmen des Masterstudienganges Urban Design an der Hafencity Universität Hamburg geschrieben, die sich mit dem Ohlsdorfer Friedhof beschäftigt. Die Arbeit besticht besonders durch ihr sorgfältig gestaltetes Design und die vielen Grafiken, mit denen die Autorin ihre Aussagen bildlich verdeutlicht.

Nach der üblichen Vorstellung ihres Forschungsfeldes stellt Borowska die Frage nach der Rolle des Friedhofes für die Stadt und seinen notwendigen Elementen, die sich nicht verändern können oder düfen, um ihn seiner Daseinsberechtigung zu berauben.

Danach gibt sie einen kurzen Abriss über die Entwicklung der Bestattungskultur und nennt als treibende Faktoren des gegenwärtigen Wandels "unsere von der Verdrängung des Todes geprägte, Gesellschaft"; "das vermeintliche Desinteresse der Hinterbliebenen"; die wachsende Bedeutung "pflegefreier Grabstätten" sprich die sogenannte "Ökonomisierung" der Bestattung, die in einem Zirkelschluss zu "steigenden Überhangflächen des Friedhofes" und damit steigenden "Kosten für Gräber und Grabpflege" führen, was wiederum aufgefangen werden müsse durch "günstigere Bestattungen und Bestattungsformen". Daneben führt sie die Entwicklung zur Kleinfamilie und zu alternativen Lebensweisen an, durch die "auch die Themen- bzw. Gemeinschaftsgrabstätten" entstehen, die gleichzeitig als ein Zeichen der wachsenden Individualisierung gesehen werden. Natürlich kann man von einer Masterarbeit nicht verlangen, dass sie umfassend und strukturiert die vielfältigen Faktoren beleuchtet, die zum Wandel der Friedhofskultur führen.

Im Folgenden widmet die Autorin sich dem Ohlsdorfer Friedhof und seiner Bedeutung für die Stadt, die sie unter die Schlagworte "Bestatten & Trauern", "Erholung", "Begegnungspunkt", "Biotopschutz", "Erinnern und Mahnen", "Erlebnis  & Erfahren", "Raum für Rituale" und "Entsorgung", "Stadt der Lebenden/Stadt der Toten" subsummiert. Bei der Untersuchung der "notwendigen Elemente eines heutigen Friedhofs", geht sie von der Frage aus, wie wir in Erinnerung bleiben wollen und fasst ihre Antworten jeweils unter Stichworten zusammen: als da sind soziale Identität, individuelle Grabstätte-Grabsteine, Vergemeinschaftung und virtuelle Erinnerung. Etwas unvermittelt folgt darauf die Frage nach dem Verhalten auf dem Friedhof, das sie verschiedenen Typen zuordnet - erst an zweiter Stelle folgt dabei auf den "Spaziergänger" der "Grabbesucher". Nicht ganz ersichtlich wird, wie sich der "flüchtige Besucher" vom "Touristen" unterscheidet und warum "Liebespaare" und "Individuen" - darunter werden sowohl Diebe wie Grufties genannt - eigene Kategorien bilden.

Im Vergleich mit dem Winterhuder Stadtpark stellt sie der reinen Erholungsfunktion des Parks die Doppelfunktion des Friedhofs als Ruheort Verstorbener und als Erholungsort gegenüber und bestimmt damit den Friedhof im Gegensatz zum Park als Ort der Besinnung und Ruhe, wo pietätvolles Verhalten eine wichtige Rolle spielt. Dabei erwähnt sie die Gefahr, dass durch eine Verschiebung der Funktionen auf dem Friedhof, dieser "seine jetzigen Qualitäten verliert. Wandelt sich ein Friedhof immer mehr zu einem Park bzw. zu einer grünen Fläche, so entstehen Orte zweifelhafter Bedeutung". Für das zukünftige Konzept "Ohlsdorf 2050" konstatiert sie dabei:  "Fest steht, dass ein großer Teil des Friedhofs entwidmet wird und kleine Bestattungsoasen entstehen sollen. Die Flächen dazwischen werden wahrscheinlich Parkflächen. Das Konzept Ohlsdorf 2050 sieht in seiner jetzigen Form vor die jetzige Einfriedung zu erhalten. Sieht jedoch das Problem, dass eine friedhofsinterne Begrenzung der Bestattungsoasen zu den Park- oder Naturflächen entstehen muss."

Ingesamt gibt die Arbeit eher einen allgemein gehaltenen Überblick über die Friedhofsentwicklung und -Gestaltung in Hamburg und damit eher einen Einstieg in das Thema und nicht so sehr eine tiefere und kausal strukturierte Durchdringung der Problematik des Bedeutungswandels der Bestattungsflächen in unserer Zeit. 

Nina Borkowska, R U H E BEWA H R E N. Masterthesis entstanden im Rahmen des Masterstudienganges Urban Design an der Hafencity Universität Hamburg. Sommersemester 2015 

Auf ein Neues!

Allen Freunden historischer Friedhöfe wünsche ich mit diesem Symbol der Weisheit

ein Gutes Neues Jahr 2016!

Detail vom Grabmal Hancke, Hauptfriedhof Karlsruhe
(Foto Leisner 2011)